Kann man »Krise« lernen?

Das RKW Kompetenzzentrum unterstützt mittelständische Unternehmen beim Umgang mit Disruptionen – und zeigt, wie sie sich durch Innovationen für die Zukunft rüsten.
Dr. Matthias Geissler Fachbereichsleiter Digitalisierung und Innovation, RKW Kompetenzzentrum
Dr. Matthias Geissler Fachbereichsleiter Digitalisierung und Innovation, RKW Kompetenzzentrum
RKW Kompetenzzentrum Beitrag

Die Weltwirtschaft ist seit einem Jahr im Ausnahmezustand. Wie steht es um den deutschen Mittelstand?

Ich würde sagen, das Glas ist mehr als halb voll. Branchen wie Gastronomie und Einzelhandel sind natürlich stark betroffen. Aber der große Teil des industriell geprägten Mittelstandes schlägt sich gut. Frühere Versäumnisse zeigen sich jetzt allerdings wie unter einem Brennglas. Vielen ging es lange Zeit so gut, dass sie wenig Notwendigkeit für Investitionen in Innovationskraft und Zukunftstrends sahen – gerade beim Thema Digitalisierung. Wenn zum Beispiel mehr Unternehmen schon vor 20 Jahren häufiger Videokonferenzen gemacht hätten, wäre man noch besser gerüstet gewesen. Wenig erstaunlich, dass die IT-Branche sehr flexibel bei derartigen Umstellungen war. Und auch Unternehmen, die gerade einen Führungswechsel und damit oft eine jüngere Generation am Ruder hatten, fuhren meistens besser. Trotz jüngst intensivierter Anstrengungen gehe ich aber davon aus, dass wir uns in der Breite weiterhin mit Investitionen in die Digitalisierung beschäftigen müssen.

Einer Ihrer Schwerpunkte widmet sich dem Thema Disruption. Worum geht es genau?

Disruption bedeutet eine fundamentale Bedrohung des Geschäftsmodells: So, wie ich bisher Geld verdient habe, geht es nicht mehr. Beispiel Gastronomie – da ist plötzlich nicht mehr die Zahl der Tische entscheidend, sondern die möglichst schnelle Lieferung vieler Gerichte. Durch die Pandemie gab es einige solcher Disruptionen, und wir untersuchen, inwieweit der Mittelstand daraus für die Zukunft lernen kann. Wie haben Unternehmen die Krise gemeistert? Welche allgemeinen Handlungsempfehlungen und Instrumente können wir daraus ableiten? Dazu gibt es im Herbst auch eine Zukunftskonferenz mit dem Titel „Abenteuer Mittelstand – Orientierung in unsicheren Zeiten“. In verschiedenen Formaten versuchen wir, dem Thema Disruption näherzukommen und wollen Resilienz und Handlungsfähigkeit von Unternehmen unterstützen.

Warum werden Disruptionen auch nach der Pandemie ein Thema für den Mittelstand bleiben?

Weil es sie immer geben wird. Und auch wenn niemand weiß, wieviel „Krise“ sie am Ende mit sich bringen, so sind doch Trends mit disruptivem Potenzial schon heute sichtbar. Dabei ist der Mittelstand ja durchaus veränderungserprobt – denken Sie an die Finanzkrise, denken Sie an das Platzen der dotcom-Blase. Dennoch braucht es noch mehr Wachsamkeit und Handlungswillen, um Herausforderungen zu erkennen und schnell reagieren zu können. Schon bei Themen wie dem demografischen Wandel oder dem Fachkräftemangel fahren einige Unternehmen noch ein bisschen blind. Andere Trends wie die Nachhaltigkeit werden die Landschaft stärker verändern, als viele annehmen – wie schnell das gehen kann, haben wir durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz gesehen. Ich glaube, der Mittelstand hat durch die Pandemie einmal mehr erfahren, dass Innovationen – gerade auch im Zusammenhang mit Digitalisierung – richtig und wichtig sind. Und dass man sich verändern muss, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.

Das RKW Kompetenzzentrum ist ein gemeinnütziger und neutraler Impuls- und Ratgeber für den deutschen Mittelstand und unterstützt diesen dabei, Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft zu steigern und Strukturen und Geschäftsfelder anzupassen. Das RKW Kompetenzzentrum wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

www.rkw-kompetenzzentrum.de

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