Transparenz ist eine zentrale Bedingung

Wasserstoff wird bei der Energiewende eine entscheidende Rolle spielen. Reiner Block, CEO der Division Industry Service von TÜV SÜD, äußert sich im Interview zur Bedeutung von Wasserstoff bei der Dekarbonisierung wichtiger Wirtschaftszweige.
Reiner Block, CEO Division Industry Service, TÜV SÜD
Reiner Block, CEO Division Industry Service, TÜV SÜD
TÜV Süd AG Beitrag

Welche Rolle spielt Wasserstoff für die Energiewende?

Alle Industriestaaten haben wie Deutschland erkannt, dass Wasserstoff der Schlüssel zu Dekarbonisierung und Klimaneutralität ist. Strom aus erneuerbaren Quellen ist zwar unschlagbar günstig, doch müssen tages- und jahreszeitliche Schwankungen in der Erzeugung ausgeglichen werden – und zwar in großer Menge! Mittels Elektrolyse können wir diesen Strom in grünem Wasserstoff speichern. Zum Transport des in der Industrie weit verbreiteten Gases lässt sich vorhandene Infrastruktur wie z.B. ertüchtigte Erdgaspipelines nutzen – auch um klimatisch begünstigte Weltregionen mit Industriezentren zu verbinden.

Wo sehen Sie die wichtigsten Anwendungen?

Einer der Vorteile von Wasserstoff ist die Sektorenkopplung, also die Verbindung zwischen Strom- und Wärmeversorgung, Verkehrsbereich und Industrie. Neben vielfältigen Anwendungen in der Mobilität (Schwerlastverkehr, Züge, Flugzeuge) ist Wasserstoff in der Industrie vor allem für energieintensive Branchen interessant. Weiterhin stellt Wasserstoff das einzige Mittel dar, um Stahl oder Ammoniak, welcher in großen Mengen zur Düngerherstellung erforderlich ist, weitestgehend CO²-frei herzustellen.

Wie sieht es bei Wasserstoff mit der Sicherheit aus?

Wasserstoff wird in der Industrie seit über hundert Jahren genutzt. Wir haben als TÜV SÜD umfangreiche Erfahrungen in allen relevanten Bereichen und prüfen beispielsweise Elektrolyseure, Druckbehälter, Pipelines oder H2-Tankstellen, aber auch Fahrzeuge wie Busse, Lkw oder Züge. Unser Wissen und unsere Erfahrungen bringen wir auch in die Anpassung von Regelwerken und globalen Standards für den Einsatz von Wasserstoff ein.

Kann grüner Wasserstoff den Bedarf decken?

Wir gehen davon aus, dass grüner Wasserstoff den Bedarf zunächst nicht decken kann. Deshalb brauchen wir zum einen dringend mehr Investitionen in Anlagen zur Wasserstoffproduktion; zum anderen müssen wir die Lücke übergangsweise z.B. mit „blauem“ Wasserstoff füllen, der aus Erdgas gewonnen wird. Das dabei entstehende CO² kann abgeschieden und in geologisch geeigneten Hohlräumen sicher verschlossen werden. Das Stichwort dafür ist CCS – Carbon Capture and Storage.

Braucht auch grüner Wasserstoff einen Standard?

Ja! Transparenz ist eine zentrale Bedingung dafür, dass die Transformation zur Wasserstoffwirtschaft wirklich gelingt. TÜV SÜD und Ludwig-Bölkow-Systemtechnik waren im Rahmen des CertifHy-Projekts an der Entwicklung eines europäischen Herkunftsnachweisregisters für grünen Wasserstoff beteiligt, zudem führen wir auch Zertifizierungen nach unserem Green Hydrogen-Standard durch. Das Interesse an Herkunftsnachweisen und Zertifizierungen ist gewaltig, was wir an der weltweiten Nachfrage spüren.

www.tuvsud.com/wasserstoff

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