Mobilität der Zukunft

Gerade sieht es so aus, als würde der Elektroantrieb doch noch den Durchbruch schaffen. Aber in der Nische bieten auch E-Fuels, Biokraftstoffe oder Wasserstoff spannende Perspektiven.
Illustration: Iza Bułeczka
Illustration: Iza Bułeczka
Kai Kolwitz Redaktion

Droht jetzt das Ende des Verbrennungsmotors? Die aktuellen Nachrichten aus Brüssel lassen einige Beobachter das glauben. Im Moment berät die EU die kommende Schadstoffnorm Euro 7, die ab 2025 in Kraft treten soll. Und nach einem Papier dazu, das jetzt öffentlich wurde, könnte die einige heftige Verschärfungen mit sich bringen.

So soll der erlaubte Ausstoß von Stickoxiden noch einmal halbiert bis gedrittelt werden. Und, aus Sicht der Entwickler wohl noch kniffliger: Eine ganze Reihe von Ausnahmen und Schlupflöchern bei der Messung soll mit der kommenden Norm wegfallen. So sollen die neuen Werte dann auch in der Warmlaufphase gelten, bei Vollgas, im Stop and Go oder im Anhängerbetrieb. Experten dämpfen zwar die Panik. Sie sagen aber auch, dass die dafür nötigen technischen Maßnahmen Diesel- und Benzinmotoren teurer machen werden. Und den Elektroantrieb damit noch einmal interessanter.

Propagiert werden mit Strom fahrende Autos schon seit Jahren. Doch nun scheint die Entwicklung wirklich Fahrt aufzunehmen: Inzwischen haben die allermeisten Marken vollelektrische Wagen im Angebot. Für Modelle wie den VW ID.3, den brandneuen BMW iX3 oder den Hyundai Kona Elektro geben die Hersteller Reichweiten zwischen 400 und 500 Kilometer an, die Preise werden dank einer Förderung von bis zu 9000 Euro konkurrenzfähig.
Die Zulassungsstatistik bestätigt den Trend: Im November 2020 wurden danach in Deutschland exakt 28.965 Elektroautos zugelassen, gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von 522,8 Prozent! Hinzu kommen 71.904 Wagen mit Hybridantrieb und davon wieder 30.621 Plug-in-Hybride, die sich ebenfalls an der Steckdose aufladen lassen und kleinere Strecken rein elektrisch zurücklegen können. Auch bei den Plug-ins liegt das Plus gegenüber dem Vorjahr bei knapp 180 Prozent.

Vor allem bei Dienstwagen-Piloten sind die Stromer dank staatlicher Lenkung außerordentlich beliebt: Die private Nutzung kostet sie steuerlich bei reinen Elektrowagen nur ein Viertel des Satzes für Benziner und Diesel, bei Plug-in-Hybriden ist es immerhin nur die Hälfte.

Alles Elektro also? Jein... Oder... kommt drauf an, wie man es nimmt. Denn auch wenn batterieelektrische Antriebe im Moment der große Trend zu sein scheinen: Zum einen werden die Verbrenner so schnell nicht verschwinden. Außerdem gibt es da auch noch eine ganze Reihe hochinteressanter Nischentechnologien.

Wer will, kann nämlich in Deutschland auch ein Auto fahren, das mit Wasserstoff angetrieben wird. Toyota und Hyundai bieten entsprechende Modelle an, BMW und vielleicht auch Honda wollen bald folgen. Solche Wagen sind im Prinzip auch Elektroautos, bekommen ihren Strom aber aus einer anderen Quelle: Eine Brennstoffzelle wandelt hier Wasserstoff schadstofffrei in elektrischen Strom um.

Letzteren zu erzeugen kostet zwar einiges an Energie, doch die Möglichkeiten dazu beflügeln die Fantasie der Befürworter: So könnte nämlich überflüssiger Ökostrom an zu wind- oder sonnenreichen Tagen zur Wasserstoffproduktion genutzt werden, anstatt die Anlagen abzuschalten oder den Strom irgendwie zu verramschen. Der Energieaufwand wäre dann zu vernachlässigen. Großer Nachteil für den Autofahrer allerdings: Derzeit gibt es in Deutschland noch nicht einmal 100 Tankstellen.

Das ist der Punkt, an dem eine andere Gruppe alternativer Kraftstoffe ins Spiel kommt, die sich viele Vorteile mit Wasserstoff teilen: die sogenannten E-Fuels. In puncto Herstellung folgen sie einer ähnlichen Logik wie Wasserstoff, die Aufbereitungskette geht aber noch einen Schritt weiter. Denn hier wird nicht nur Wasserstoff produziert, sondern dieser wird zusammen mit Kohlendioxid in einer weiteren Reaktion in etwas verwandelt, das man in konventionellen Verbrennungsmotoren verfeuern kann. Entweder in ein Äquivalent zu Erdgas („Power to Gas“), oder, noch einen Schritt weiter, in Benzin, Kerosin oder Diesel („Power to Liquid“).

Da schon im Herstellungsprozess CO2 verbraucht wird, sind solche Treibstoffe klimaneutral bei der Verbrennung. Die energieaufwändige Herstellung könnte wieder mit überschüssigem Ökostrom passieren. Und, der riesige Vorteil, gemessen an Brennstoffzelle und Wasserstoff: E-Fuels könnten von ganz normalen Autos an ganz normalen Tankstellen in ganz normale Tanks getankt werden. Unter anderem Audi und Porsche engagieren sich deshalb mit eigenen Produktionsanlagen in diesem Bereich.

Vieles, was für die E-Fuels spricht, gilt aber auch für die altbekannten Biokraftstoffe. Also für Biodiesel oder ein Erdgasäquivalent, die beide aus nachwachsenden Rohstoffen produziert werden können. Weil die verwendete organische Materie bei ihrer Entstehung schon CO2 aus der Luft gezogen hat, ist die Klimabilanz solcher Biotreibstoffe ebenfalls um bis zu 90 Prozent besser als die von Treibstoff aus Erdöl. Und auch hier lassen sich vorhandene Motorenkonzepte und vorhandene Tankstellen nutzen.

Im Moment sieht es zwar so aus, als werde der Elektroantrieb mit Akkus im Autos in nächster Zeit die Nase vorn haben. Aber sowohl Wasserstoff als auch E-Fuels oder Biokraftstoffe bieten große Vorteile. Und zwar da, wo in schweren Fahrzeugen große Mengen Energie an Bord genommen werden müssen – so große, dass das mit Batterien nicht möglich wäre. Flugzeuge, Schiffe, schwere Lkw oder Züge sind spannende Anwendungsfälle für die alternativen Treibstoffe.

Allerdings: So faszinierend die Technik der Zukunft auch ist – die Lösung aller automobilen Probleme werden auch Elektroantrieb, Wasserstoff, E-Fuels oder Biobenzin nicht sein. Denn auch solche Wagen werden immer noch Staus produzieren. Sie werden gerade in den Städten sehr viel Platz blockieren und teilweise werden sie auch weiter Lärm und Abgase produzieren (auch, wenn die dann weniger klimaschädlich sind).

Hier sind wohl Lösungen gefragt, die Menschen und Güter mit anderem als privaten Pkw an ihr Ziel bringen. Berlin und Hamburg investieren gerade in neue U-Bahnen. Und die fahren ja von jeher elektrisch.

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