Arbeit im Umbau

Der Arbeitsplatz der Zukunft wird zum Digital Workplace. Das weckt viele Hoffnungen, aber auch Ängste.
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Illustration: Adrian Bauer
Axel Novak Redaktion

Der Industriearbeiter muss in die Fabrik, der Arzt ins Krankenhaus – und der normale Angestellte? Der kann, wenn seine Firma mitspielt, seinen Arbeitsort frei wählen, sich zu Hause ins Firmensystem einloggen – und vom Balkon aus all die Tätigkeiten erledigen, für die er bezahlt wird. Theoretisch zumindest.
Die Digitalisierung der Arbeitswelt verbindet Hoffnungen auf mehr Effizienz, auf bessere Tätigkeiten und weniger körperlich harte Arbeit mit der mehr oder weniger freien Wahl der Beschäftigten darüber, wo und wann sie arbeiten. Nicht die Präsenz in der Firma, sondern das Ergebnis soll zählen. „Sag den Menschen nie, wie sie Dinge tun sollen. Sag ihnen, was zu tun ist, und sie werden dich mit ihrem Einfallsreichtum überraschen“, wird der US-General George S. Patton häufig zitiert, wenn es um die Chancen des sogenannten Digital Workplace geht.


Tatsächlich sind die Chancen enorm, die darin stecken, Arbeitsplätze digital aufzurüsten und den Beschäftigten mehr Verantwortung über die Gestaltung ihrer Tätigkeiten zu geben. Zunächst einmal volkswirtschaftlich – das hat das IT-Research- und Beratungsunternehmen Crisp Research ausgerechnet: Allein bessere und flexiblere Arbeitszeiten könnten die Produktivität der Mitarbeiter erhöhen – was theoretisch zu 77,1 Milliarden Euro Mehrleistung führt. Weniger Staus auf deutschen Straßen am Morgen und Abend und dadurch weniger Straßenschäden führen noch einmal zu rund 7,1 Milliarden Euro weniger Ausgaben.


Im Unternehmen wiederum kann Digitalisierung zu mehr Produktivität und Effizienz führen. Drei Viertel der Unternehmen würden die digitale Transformation sogar gern noch viel schneller durchführen, hat eine Kundenbefragung des Technologiekonzerns Fujitsu vom Januar 2016 ergeben. Sie erhoffen sich mehr und loyalere qualifizierte Mitarbeiter, schnellere Reaktionen auf Marktveränderungen und eine stärkere Kundenbindung. Und schließlich die Mitarbeiter: Sie begrüßen die Digitalisierung ihres Arbeitsplatzes. Bis zu vier Stunden mehr Freizeit könnten sie damit für sich gewinnen.


Doch in der Praxis hapert es. Nicht so sehr die Technik, sondern eine klare Strategie und eine starke Führung sind für einen erfolgreichen Wandel unabdingbar. Beides aber ist in der Praxis selten vorhanden: Treiber des digitalen Umbaus sind häufiger die IT-Abteilungen, die Kunden und die Mitarbeiter selbst – weniger dagegen die Führungskräfte oder gar der CEO. Hinzu kommt:  Niemand weiß, wie die digitalen Arbeitsplätze der Zukunft wirklich aussehen. Die Gewerkschaften warnen daher vor Arbeitsplatzverlusten, vor prekären Arbeitsverhältnissen und vor sinkender Mitbestimmung. Sie befürchten, dass die digitalen Tools Tätigkeiten entwerten und zu psychischen Belastungen führen, weil am Digital Workplace Verhaltenskontrollen viel einfacher – und unauffälliger sind. Wer da noch beruflich durchstarten möchte, für den bleibt nur eins: Statt der Präsenz im Büro und in der Kantine ständig online sein.

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