Effizienter Einkauf

Die Digitalisierung eröffnet Einkäufern bei der Energiebeschaffung neue Möglichkeiten: Kosten, Zeit- und Arbeitsaufwand können deutlich gesenkt werden.
Illustration: Andres Muñoz Claros
Illustration: Andres Muñoz Claros
Lars Klaaßen Redaktion

„Der Energiewirtschaft steht ein gewaltiger Umbruch bevor, zum Teil steckt sie schon mittendrin“, betont Carsten Buhl, Experte für Energy & Resources bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. „Erneuerbare Energien, dezentrale Stromerzeugung sowie ein neu ausgerichtetes Netz-Management fordern die etablierten Player heraus.“ Gemeinsam mit dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat EY Entscheider aus Handels- und Beschaffungsorganisationen befragt. Wichtigste Erkenntnis: „In der Energiewirtschaft besteht vor allem mit Blick auf die Digitalisierung noch Aufholbedarf.“ Was bedeutet dies für energieintensive Wirtschaftszweige?

Die gute Nachricht lautet, dass sich durch Digitalisierung die Möglichkeiten deutlich erweitern. Mithilfe entsprechender Tools kann Strom und Gas effizienter und transparenter beschafft werden – und zwar in Eigenregie. Dies geschieht über Online-Lösungen, die es überflüssig machen, den Markt permanent zu beobachten. Einkäufer können über das von ihnen genutzte Portal je nach Abnahmestelle individuelle Grenzwerte eingeben und werden automatisch benachrichtigt, wenn die Börsenkurse an der European Energy Exchange (EEX) diese Werte unter- oder überschreiten. Einkäufer ersparen sich hohen Zeitaufwand und können dennoch schnell reagieren, sobald sich günstige Chancen ergeben.

Da bei großen Energiemengen schon kleinste Cent-Unterschiede zu enormen Mehrkosten führen, ist es von Vorteil, wenn künftige Energiekosten sich auswerten und auf einen Blick prüfen lassen. Dies können digitale Prozesse leisten, indem sie Energiedaten mit Börsenkursen und einem realistischen Aufschlag vonseiten der Versorger koppeln. Erst durch Online-Marktplätze können Einkäufer unzählige Versorger gleichzeitig anfragen und dadurch den großen Wettbewerb auf dem Energiemarkt für sich in vollem Ausmaß nutzen. Die Online-Ausschreibungen sind weitgehend standardisiert, sodass der Arbeitsaufwand sich minimiert.

Ein übersichtlicher Bieterspiegel, lässt sich durch entsprechende Einstellungen in der Angebotsmaske der Portale einrichten: Preisbestandteile wie Netzentgelte, Abgaben, Steuern und Toleranzbänder werden entsprechend abgebildet und verknüpft. Den Vergleich übernimmt das digitale System. Versteckte Kosten, die sich zu analogen Zeiten im Kleingedruckten finden konnten, gibt es nicht mehr. Je kurzfristiger Einkäufer agieren, desto stärker können sie von den mitunter großen Schwankungen am Markt profitieren. Vertragsabschlüsse, die online abgewickelt werden, sind hierfür die Voraussetzung. Einen Vorteil bieten Online-Portale auch mit Blick auf Kündigungsfristen. Der Überblick bleibt auch bei unterschiedlichen Standorten mit eigenen Verbrauchsstrukturen und gesonderten Energielieferverträgen gewahrt – samt automatischer Erinnerung vor dem Ablauf von Fristen.

Für eine erfolgreiche Digitalisierung der Energiebeschaffung ist laut Buhl ein „klarer Plan für die nächsten Schritte in einem solchen Umfeld wichtig“. Das nötige Know-how können Digitalisierungsmanager mitbringen, die an den Schlüsselpositionen wirken. Die Teams dahinter sollten möglichst breit und divers aufgestellt sein. „Zahlreiche Studien belegen die Überlegenheit solcher Abteilungen“, so Buhl. „Der erfolgreiche Übergang in ein neues Maschinenzeitalter wird von denen abhängen, welche die Maschinen bedienen: den Menschen.“

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