Smart Data

Big-Data-Anwendungen bieten große Vorteile für Unternehmen. Solche Lösungen umzusetzen, ist oftmals herausfordernd und nicht allein eine technische Frage.
Illustration: Rüdiger Geis
Illustration: Rüdiger Geis
Ulrich Hottelet Redaktion

Welche Datenmassen heute bewegt werden, macht schon eine Zahl klar: Schätzungsweise zehn Milliarden Dinge und Sensoren sind miteinander vernetzt. Der IT-Marktforscher Gartner rechnet damit, dass sich diese Menge bis 2020 sogar verdoppelt. Auch in den Unternehmen steigt das Datenvolumen rasant. Doch Masse ist nicht gleich Klasse. So mancher Unternehmer fährt die Big-Data-Ernte nicht ein, weil er die Spreu nicht vom Weizen trennen kann. In einer großen Gasturbine zum Beispiel messen Hunderte von Sensoren in jeder Sekunde Temperaturen, Drücke, Strömungsverläufe und Gaszusammensetzungen. Wer das genaue physikalische Wissen über die Anlagen besitzt und damit diese Werte richtig analysieren kann, der kann dem Kraftwerksbetreiber wertvolle Hinweise geben, wie er seine Anlage effizienter einstellen und bei gleicher Stromproduktion die Schadstoffemissionen senken kann.

Hier hat in Zukunft derjenige die Trümpfe in der Hand, der neben dem Geräte-Know-how auch die Abläufe und Bedürfnisse der Anwender kennt. „Es ist eine Riesenherausforderung für kleine und mittlere Unternehmen, von Big Data zu Smart Data zu kommen“, sagt Andreas Weiss, Direktor von EuroCloud, dem Verband der Cloud-Computing-Wirtschaft. „Man muss die erhobenen Daten so analysieren, dass sie zur Wertschöpfungskette passen.“ Doch das ist einfacher gesagt als getan, denn selbst Weiss räumt ein: „Jeder große Cloud-Anbieter verspricht, dass man mit den riesigen Datenmengen klarkommt. Die Probleme treten aber dann im Einsatz auf.“ Best Practices werden hoffentlich künftig eine Orientierungshilfe bieten, wie man innovative Dienste und Plattformen auf der passenden Cloud aufsetzt.

Natürlich gibt es aber schon heute konkrete Vorteile von Big Data. Dazu zählt die vorausschauende Wartung. Sie macht es möglich, dass Werkteile rechtzeitig ausgetauscht werden und die Ersatzteil-Logistik besser gemanagt wird. Umfassender, aber auch zweischneidiger ist die vieldiskutierte Disruption von Geschäftsmodellen, die mit einer durchgreifenden Digitalisierung oft einhergeht. Von Start-ups wird sie gerne gefeiert, schließlich versprechen sie sich davon das rasche Erschließen neuer Märkte. Die Platzhirsche dagegen stehen vor der schwierigen Frage, ob sie ihre Geschäftsmodelle umkrempeln, mit denen sie in vielen Fällen Marktführer geworden sind. Weiss plädiert für eine differenzierte Herangehensweise: „Unternehmen sollten zumindest Teams mit gewissen Freiheiten und einem Budget ausstatten, sodass sie ohne Bindungen durch Controlling, Hierarchien und Prozesse evaluieren können, was hinsichtlich Digitalisierung zu tun ist. Der Vorstand sollte auch auf neue, jüngere Mitarbeiter hören. Das ist eine Frage der Firmenkultur.“

Doch wie sieht die Zukunft für diejenigen aus, die auf diese Empfehlungen nicht hören und sich der Digitalisierung versperren? „Jedes mittelständische Unternehmen kann noch zehn bis 15 Jahre weiterarbeiten, ohne die Digitalisierung zu nutzen. Es ist aber dann nicht mehr zukunftsfähig“, prognostiziert Weiss.

Derweil gibt es auch eine politische Hürde zur Nutzung von Big Data: nämlich der heftig kritisierte mangelhafte Breitbandausbau, der gerade für Mittelständler in ländlichen Gebieten existenzgefährdend zu werden droht. 50 Mbit-Leitungen fehlen auf dem Land und bis zum Mobilfunk-Standard 5G wird es noch Jahre dauern. Für die neue Regierung bleibt hier viel zu tun.

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